Die Revolution im Iran hält seit nunmehr drei Monaten an und während der Sturz des Mullah-Regimes immer greifbarer erscheint, ist die Frauen-Leben-Freiheit-Bewegung längst zur Hoffnungsträgerin für emanzipatorische Kräfte auf internationaler Ebene geworden. Die Islamische Republik antwortet wechselhaft mit zaghaften Beschwichtigungsversuchen und Methoden der Einschüchterung durch rohe Gewalt, wie der aktuellen Welle öffentlicher Hinrichtungen. Mehr als 18.000 Inhaftierungen und über 500 Ermordete sprechen die hässliche Sprache einer verängstigten Staatsmacht. Doch der revolutionäre Aufbruch der Jugend, der Frauen und Queers und der Arbeiter*innen lässt sich nicht mehr aufhalten, sondern nimmt in seiner Intensität und Vielfältigkeit stetig zu.
Besser spät als nie wollen wir hiermit die Gründung eines internationalistischen Komitees ankündigen, das linke revolutionäre Kräfte im Iran unterstützen und internationale Verbindungen stärken soll.
Wir sehen die Notwendigkeit, radikalen linken und antiautoritären Stimmen mehr Gewicht zu geben und somit der Vereinnahmung der Revolution durch liberale Kräfte entgegenzuwirken. Uns besorgt die Tendenz, dass linksradikale Organisationen und Personen den Mainstream-Diskurs wiederholen, in dem der Ruf nach neoliberalen Reformen in der Islamischen Republik Iran, nach Sanktionen und der Intervention der Staatengemeinschaft vorherrscht. Das mag daran liegen, dass revolutionäre Analysen und regelmäßige Updates in englisch- und deutschsprachigen Medien wenig zugänglich sind. Diese Leerstelle wollen wir füllen.
Um den Teil der Bewegung im Iran zu stärken, der für Befreiung und den Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft kämpft, werden wir nicht nur einen linken Diskurs, sondern auch materielle Bedarfe der Bewegung unterstützen. Wir werden, soweit es die Sicherheit der Menschen vor Ort nicht gefährdet, transparent machen, wohin wir die gesammelten Spenden schicken.
Fokussieren werden wir uns dabei auf die Unterstützung von Selbstorganisation in der Gesellschaft, die zum Ziel hat, Alternativen von unten aufzubauen.
Der Fokus des Komitees Mahabad International liegt auf den Kämpfen in Kurdistan, weil wir die dortige Gesellschaft als eine der treibenden Kräfte dieser Revolution wahrnehmen, ist aber nicht auf diese Region beschränkt – überall im Iran organisieren sich die Menschen und streiken, und auch andere Regionen wie zum Beispiel Balutschistan sind Zentren des Protests.
Unsere politische Position
Wir kämpfen für den Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft, die sich über Räte organisiert – im Iran und überall auf der Welt. Unserer Ansicht nach liegt im Aufbau eines neuen Staates oder staatsähnlichen Gebildes, das auf der dauerhaften Machtkonzentration bei einer kleinen Gruppe von Menschen basiert, kein revolutionäres Potential – im Gegenteil, dies ist mit allen Mitteln zu verhindern. Wir sehen, wie in jeder Revolution des 21. Jahrhunderts, einerseits die Gefahr, dass sich eine neue (bürgerliche) Elite etabliert und andererseits, dass Staaten bzw. staatsnahe Organisationen wie NATO oder IWF die Situation nutzen, um ihre geopolitischen, imperialistischen Interessen durchzusetzen. Deshalb nehmen wir es als unsere Verantwortung als Internationalist*innen wahr, die Rolle westlicher Staaten in ihrer Kooperation mit dem iranischen Regime oder konterrevolutionären Kräften dort offenzulegen und von innen anzugreifen.
Unsere einzige Forderung an den deutschen Staat und anderen Staaten ist, die Hände vom Iran zu lassen. Wir werden nicht für eine Regierung applaudieren, wenn diese gleichzeitig für kapitalistische Unterdrückung steht – dies gilt auch dann, wenn manche Einzelhandlungen dieser Regierung hilfreich erscheinen mögen. Vielmehr müssen unsere lokalen Kämpfe hier weitergehen und sich intensivieren.
Die Revolution im Iran ist eine feministische, deren Kraft u.a. darin liegt, dass die Unterdrückung von Frauen und Queers, die wir als Basis für die Unterdrückung der gesamten Gesellschaft begreifen, bekämpft wird – genauso wie die Unterdrückung von Minderheiten und den lohnabhängigen Klassen. Das heißt für uns, dass wir patriarchales, klassistisches und rassistisches Verhalten unter uns überwinden müssen, da wir ansonsten nicht für die Befreiung einer Gesellschaft kämpfen können.
Wer wir sind
Wir sind eine bisher kleine Gruppe von Internationalist*innen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionierungen und Erfahrungen. Im Komitee sind unter anderem Personen aktiv, die
– im Iran geboren und aufgewachsen sind und jetzt im politischen Exil in Deutschland leben
– als Migrant*innen der zweiten Generation in Deutschland sind
– in Deutschland geboren sind und Eltern haben, die als politische Exilant*innen nach Deutschland geflohen sind
– eine ostdeutsche Sozialisierung haben
In unserer Gruppe sind verschiedene Gender-Zugehörigkeiten vertreten und wir gehören alle der arbeitenden Klasse an. Wir unterstützen die Bewegung im Iran nicht nur aus Solidarität und politischem Interesse an ihrer revolutionären Kraft und ihren visionären Lehren über Widerstand. Wir haben uns auch deshalb in diesem Komitee zusammengeschlossen, weil wir auf unterschiedliche Weise besorgt und persönlich betroffen sind: Wir verurteilen das mörderische Regime im Iran und die von ihm begangenen Menschenrechtsverbrechen auf das Schärfste! Dazu gehören insbesondere die brutale Niederschlagung der Revolution durch die Entführung und Tötung von Protestierenden auf den Straßen sowie die Folterung und Hinrichtung der Inhaftierten in den Gefängnissen.
Nieder mit der Islamischen Republik Iran! Es lebe die Revolution!